Wie tickt dein Autonomes Nervensystem?
Traumatherapie Praxis Speyer
Elisabeth Schuster
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Franz-Kirrmeier-Straße 18A
67346 Speyer
So tickt dein Autonomes Nervensystem, wenn du eine oder mehrere lebensbedrohliche oder überwältigende Situationen erlebt hast. Das Wirken der „Neurozeption“.
Wie dein Autonomes Nervensystem deine organischen Körperfunktionen reguliert.
Du kannst dir dein Autonomes Nervensystem wie ein fein abgestimmtes Regulationssystem mit verschiedenen Alarmfunktionen vorstellen. Ein Kontrollraum in einer komplexen Fertigungsstation. Das Produkt, das dabei herauskommt, ist dein Leben als Organismus von einem Augenblick zum andern. Würde dieses Regulationssystem ausfallen, wäre dein Leben schnell zu Ende.
Dieses System ist pausenlos im Einsatz, egal was du gerade tust, denkst, fühlst, ob du wach bist oder schläfst. Es reguliert deine Atmung, deinen Herzschlag, deinen Stoffwechsel und all die fein abgestimmten Vorgänge in deinem Organismus, die in jedem Moment für die Überleben sorgen.
So sorgt dein Nervensystem für deine Sicherheit und dein Überleben: Neurozeption und Amygdala
Außerdem überwacht es deine unmittelbare Umgebung: es checkt ständig ab, ob die Situation für dich sicher genug ist oder nicht. Das macht es ebenso unablässig, wie es all die all die anderen Funktionen in deinem Organismus reguliert, auch wenn du gerade schläfst oder mit völlig anderen Dingen beschäftigt bist.
Dieses Abchecken der Umgebung durch dein Autonomes Nervensystem auf den grundlegenden Parameter „ausreichend sicher“ oder „nicht ausreichend sicher“ heißt „Neurozeption“.
Es ist die Art, wie dein Autonomen Nervensystems die Umgebung wahrnimmt.
Ein Bereich in deinem Gehirn, der „Amygdala“ oder auch „Mandelkern“ heißt, beurteilt anhand der Infos, die über die Neurozeption direkt bei ihm eingehen, ob deine augenblickliche Situation ausreichend sicher ist oder nicht. Dieser Bereich leitet im Fall von einer ernsthaften Bedrohung sofort entsprechende Reaktionen in deinem gesamten Organismus ein. Zum Beispiel bewirkt er durch das Sympathische Nervensystem, dass Stresshormone ausgeschüttet werden, dass Energie in deinen Armen und Beinen aktiviert wird, dass deine Verdauung herunterfährt, dein Herzschlag sich beschleunigt und vieles mehr.
So ist es z.B. möglich, dass du einem auf dich zu rasenden Fahrzeug ausweichst und dich durch einen Sprung zur Seite rettest, auch wenn du es noch gar nicht bewusst wahrgenommen hast, weil du gerade völlig vertieft in etwas anderes warst. Dein Autonomes Nervensystem hat die Signale wahrgenommen, direkt weitergeleitet und die Amygdala hat – schwupps – die Gefahr erkannt und die entsprechenden Reaktionen eingeleitet – autonom, selbstgesteuert, ohne deine willentliche Entscheidung, denn das hätte in dieser Situation viel zu lange gebraucht und dann wäre es schon zu spät gewesen.
Eine wunderbare Einrichtung also, ein Lebensretter, dein Autonomes Nervensystem und die Neurozeption! Ich möchte an dieser Stelle nochmal tief ein- und ausatmen und „Danke!“ sagen. Danke für diese großartige Schutzkraft meines Organismus!
Was bedeuten Traumafolgestörung, Coregulation, Trigger und Hypervigilanz?
Was geschieht nun in der Folgezeit, wenn du tatsächlich ein- oder mehrmals lebensbedrohliche oder überwältigende Situationen erlebt hast und unmittelbar danach dein Alarmsystem nicht beruhigt wurde z.B. durch verständnisvolle Zuwendung oder solidarische Parteilichkeit? Eine solche Beruhigung durch einen vertrauenswürdigen anderen Menschen heißt „Coregulation“. Sie ist ein ganz wichtiger Faktor in einer guten Traumatherapie!
Deine Amygdala kalibriert sich neu: Sie speichert bestimmte Reize, Infos, die sie im Zusammenhang mit dieser Bedrohung erreicht haben und verknüpft diese mit Lebensgefahr und entsprechendem Alarm, Aktivierung deines Organismus oder den Totstellreflex – alles ohne deine bewusste Wahrnehmung oder Entscheidung – die sog. „Trigger“.
So kann es dazu kommen, dass dir diese wichtige, deinem Überleben dienende Funktion in Zukunft größte Schwierigkeiten bereitet: Wie ein Alarmsystem, das beim geringsten Auslöser auf höchste Stufe schaltet – ohne dass du dies direkt beeinflussen kannst. Dann spricht man von einer „Traumafolgestörung“.
Vielleicht erinnerst du dich noch, wie vor einigen Jahren ständig Autoalarmsirenen losgingen, schon wenn man ein Auto nur versehentlich berührte. Das war so nervig, dass es wieder abgeschafft wurde. Der Sensor konnte eben nicht unterscheiden, ob es sich um einen Einbruchsversuch oder ein völlig harmloses Vorbeistreifen handelte.
Wußtest du, dass Hypervigilanz und Schreckhaftigkeit Symptome einer Traumafolgestörung sein können?
Eine langfristige Folge vieler solcher Alarme, z.B. bei einem bestimmten Geräusch, Geruch, Anblick oder einem anderen Sinneseindruck ohne eine tatsächlich vorhandene Bedrohung ist jedoch, dass dein Organismus in einer ständigen Alarmbereitschaft verbleibt. Dein Grundgefühl wird sich in das von Bedrohung verwandeln. Man nennt diesen Zustand „Hypervigilanz“.
Du wirst aus deiner Umgebung mehr Signale für Bedrohung wahrnehmen und andere Signale z.B. solche für Sicherheit übersehen oder anders interpretieren. Du wirst Schwierigkeiten haben, dich zu entspannen, zu genießen oder in den Schlaf zu finden.
Vielleicht kann dir dieses Wissen zu einem besseren und liebevolleren Verständnis deiner selbst helfen. Das würde mich sehr freuen!
Konkrete Möglichkeiten, wie du dein Alarmsystem schrittweise resetten kannst, beschreibe ich in meinem nächsten Blogbeitrag.
Hallo, schön dass du weiter dabei bist!
1.Was sind Trigger
Im letzten Beitrag habe ich dir erklärt,
was ein Trigger ist,
wie dein Erleben zustande kommt und
welche Haltung dir selbst und deinen Reaktionen gegenüber hilfreich und angemessen ist: Liebevolles, mitfühlendes Verständnis!
2. Wie ein Trigger entsteht
Heute gebe ich dir ein paar Werkzeuge an die Hand, die du in einer aktuellen Triggersituation anwenden kannst, um dich wieder in der Gegenwart orientieren zu können.
Es ist hilfreich, wenn du den Umgang mit diesen Werkzeugen in „neutralen“ Situationen übst und dabei auch herausfindest, welche dir besonders liegen.
Ein Triggererlebnis verknüpft einen Sinnesreiz direkt mit einer heftigen Reaktion deines Autonomen Nervensystems. Man nennt das „Neurozeption“ und ich erkläre in einem späteren Blogbetrag mehr dazu!
Dein Autonomes Nervensystem ist als guter Wachhund, der dich schon in großer Gefahr erlebt und möglicherweise daraus gerettet hat, ständig auf der Hut und checkt deine Umgebung nach möglichen Gefahren. Es interessiert sich nicht für Geschichten oder Argumente der Vernunft, besonders dann nicht, wenn es Anzeichen für existenzielle Gefahr wahrnimmt.
Für dich ist zunächst wichtig, dies zu wissen. So kannst du die Reaktion deines Organismus, die sich so heftig auf dein Empfinden auswirkt, einordnen.
3. Tools für deinen Umgang mit Triggern
Im nächsten Schritt kannst du deine Umgebung mit allen Sinnen abchecken: Du fokussierst dich auf Sinneseindrücke, die dir zugänglich sind und benennst sie – wenn du allein bist, gerne laut, ansonsten nur in deinem Kopf, z.B: hier ist ein roter Ball. Ich sitze auf einem Stuhl. Die Sitzfläche ist mit Stoff überzogen und weich, die Lehne ist aus Holz und fühlt sich hart an…..
Du kannst die Kontaktflächen deines Körpers mit dem Boden, z.B. deinen Füßen, bewusst wahrnehmen, den Kontakt zu der Sitzfläche eines Stuhls oder deiner Arme auf einem Tisch, auf den du dich gerade abstützt und diese Eindrücke benennen. Wenn du allein bist, kannst du das laut machen, im anderen Fall machst du es nur im Kopf.
Eine weitere Möglichkeit ist, Körperpartien zu kneten und zu massieren, z.B. deine Arme, entweder mit einer Hand oder mit einem Igelball. Wichtig ist, dass du eine starke Köperempfindung hervorvorrufst ohne dich selbst zu verletzen!
Wenn du in einen dissoziativen Zustand, also ein innerliches Wegtreten, gerätst, kann ein starker Duft, z.B. japanisches Teebaumöl, Menthol oder ähnliches hilfreich sein. Oder eine Kühlpad aus dem Eisfach auf der Stirn oder einer anderen Körperstelle.
Auch bewusstes, tiefes Atmen kann dich unterstützen.
Es geht darum, über starke körperliche Eindrücke zur Orientierung in der Gegenwart zurückzufinden! Über diese körperbezogene Orientierung kann sich dein Autonomes Nervensystem wieder beruhigen. So kann es davon überzeugt werden, dass gegenwärtig keine existenzielle Gefahr droht.
Probiere aus, was für dich hilfreich ist – und vielleicht erfindest du deine eigenen Werkzeuge!
4. Ausblick Toleranzfenster
In meinem nächsten Beitrag erkläre ich dir, was es mit dem „Toleranzfenster“ auf sich hat und warum es für dein Erleben so wichtig ist.
Bleib dran und werde Experte für dein Leben und Erleben!
Verpasse keinen meiner Blogbeiträge und abonniere meinen Newsletter!
Ich freue mich, wenn wir in Verbindung bleiben!
Bis bald!
Elisabeth
Was sind eigentlich „Trigger“?
Und was haben sie mit meinem Autonomen Nervensystem zu tun?
„Das hat mich total getriggert“ – was will ich damit tatsächlich ausdrücken?
Irgendein Sinneseindruck oder die Äußerung von jemandem löst in mir – und das heißt auch in meinem Organismus – eine ganze Kaskade von Reaktionen aus, die mit der gegenwärtigen Situation nichts zu tun haben. Die Erinnerung an ein starkes Erleben wird geweckt und versetzt mich in einen ähnlichen Zustand, wie „damals“.
Dieser Vorgang ist es etwas Alltägliches und ganz Natürliches. Es geschieht ständig, denn unser ganzes Erleben ist ein Fluss von Verknüpfungen von schon früher Erlebtem mit gegenwärtigen Erlebnissen, ein andauernder Abgleich von früheren und gegenwärtigen Erfahrungen. Trotzdem spricht hier niemand von „Triggern“.
Einem berühmten Romancier des 20. Jhd., Marcel Proust, diente der Duft eines in Tee getauchten Gebäcks als Ausgangspunkt für ein monumentales siebenteiliges Werk der Weltliteratur: „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Dieser Duft hat so viele Erinnerungen und Empfindungen in ihm ausgelöst, dass er ihn zu vielen hundert Seiten inspiriert hat: Ein Trigger?
Nicht wirklich – denn Marcel Proust hat, so kann man zumindest vermuten, in jedem Augenblick gewusst und gespürt, dass all die Erinnerungen und Empfindungen, die ihn erfüllten, in der Vergangenheit lagen. Sie waren auch nicht in erster Linie schrecklich oder traumatisch. Er war ihnen nicht völlig ausgeliefert, er konnte sein Schreibbuch zuklappen und sich wieder in der Gegenwart orientieren.
Bei einem „Trigger“ ist es anders:
Der Sinneseindruck legt einen Zeitschalter in dir um.
Das Erleben des Vergangenen wird unmittelbar in die Gegenwart übertragen, so als würde das Vergangene HIER UND JETZT geschehen. Oft ist nicht einmal eine zusammenhängende Geschichte dazu im Gedächtnis abgespeichert, sondern nur einzelne beängstigende und bedrohliche Fetzen, wie in einem Horrorfilm – was das Ganze noch beängstigender macht, weil du es nicht einordnen kannst.
Was hat das alles mit deinem Autonomen Nervensystem zu tun?
Dein Autonomes Nervensystem reagiert wie ein Wachhund. Es wird für dein Überleben kämpfen und das auf seine Weise tun, wenn du ihm nicht ganz klar sagen kannst, was jetzt sinnvoll ist und was DU willst.
Traumatische Erfahrungen werden – zu deinem eigenen Schutz – oft nicht vollständig in deinem Gedächtnis gespeichert, sondern als unzusammenhängende Eindrücke, die dann bei ähnlichen Eindrücken dieselben Empfindungen wie in der Vergangenheit direkt abrufen und in deinem Organismus aktivieren – durch Ausschüttung von Stresshormonen und viele andere physiologische Reaktionen, die wiederum Empfindungen und Gefühle hervorrufen – ein Triggererlebnis.
Wenn du etwas sehr Bedrohliches erlebt hast, vielleicht sogar mehrfach und schon sehr früh in deinem Leben, wird es auf den Überlebensmodus trainiert sein, auf potenziell Bedrohliches empfindlich reagieren und andere Signale gar nicht mehr richtig wahrnehmen.
Wenn es dir so geht und du das alles nun verstanden hast, lass es mal in dich reinsacken.
Vielleicht kannst du dich selbst und deine Reaktionen mit etwas anderen Augen sehen, so wie ich: mit einem liebevollen, mitfühlenden Blick…
In meinem nächsten Blogbeitrag erzähle ich dir, wie du wieder Orientierung in der Gegenwart gewinnen und ohne ständige Angst vor Triggern dein Leben gestalten kannst.
Bleib dabei und werde Experte für dein Erleben!
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Ich freue mich, mit dir in Verbindung zu bleiben
Elisabeth