Sich schlecht fühlen heißt schlecht sein!? Der Trugschluss aus frühen Traumata.
Traumatherapie Praxis Speyer
Elisabeth Schuster
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Franz-Kirrmeier-Straße 18A
67346 Speyer
Heute, am Weltgesundheitstag, möchte ich mich den Wurzeln unserer Lebenskraft zuwenden.
Wer zur Zeit mit offenen Sinnen durch eine natürliche Umgebung geht begegnet überall der gewaltigen Expansionskraft des Lebens. Sie bringt die Knospen hervor, diese wiederum zum Aufbrechen, Blühen und Reifen, um wieder neues Leben hervorzubringen.
Dieselbe Kraft ist auch in jedem Menschen wirksam: mit unserer körperlichen Existenz sind wir zutiefst mit den natürlichen Vorgängen, die wir rings um uns beobachten können, verbunden. Wir haben und sind Teil an und von den gewaltigen Vorgängen in der Natur – weil wir Körper und lebendige Organismen sind!
Nun stellen wir uns vor, wir würden so eine kleine Pflanze auf den Mond bringen – also gar nicht mal so weit weg in astronomischen Dimensionen, immerhin noch im Sonnensystem und in relativer Erdnähe. Wir würden ihr etwas Erde und Wasser mitbringen und sie auf der Sonnenseite des Mondes einpflanzen. Würde es ihr dort gefallen? Würde sie überleben?
Bestimmt nicht!
Ihre ganze Lebenskraft würde nicht ausreichen, weil die Umgebung einfach für sie nicht stimmt.
Ein neues Experiment: Dieselbe Pflanze, nehmen wir an, es ist ein Baum, z.B. ein Ahorn, pflanzen wir hier in der Nähe ziemlich nah an einer dicken, starken Mauer. Er bekommt genügend Wasser, Nährstoffe und Licht um wachsen zu können. Allerdings kann sich der Baum nur zu einer Seite hin ausdehnen und wachsen. Er wird seinen Weg finden, seine Säfte werden ungestört fließen. Er wird eine seltsame Form haben und behalten, selbst wenn die Mauer irgendwann vielleicht nicht mehr da ist.
Wir Menschen sind hochkomplexe Organismen und daher viel empfindlicher und störanfälliger als Bäume. Ganz besonders in frühen Phasen unseres Lebens, in denen wir sehr auf eine geeignete, förderliche Umgebung angewiesen sind. Wenn wir das nicht haben oder nur sehr unzureichend, womöglich sogar misshandelt und missbraucht werden, fühlen wir uns schlecht – und da wir es uns als Kinder nicht anders erklären können, werden wir daraus schließen, schlecht zu sein. Diese frühe, weitgehend unbewusste Schlussfolgerung kann fatale Konsequenzen für unsere weitere Entwicklung haben: Denn anders als bei dem Baum an der Mauer im vorigen Experiment, wird der Strom der Lebenskraft gedrosselt und gegen uns selbst gelenkt! Wir verinnerlichen gleichsam die Einschränkung, die wir von außen erfahren und potenzieren sie damit noch. Wir können uns gar nicht vorstellen, wie es ist, wenn die Lebenskraft uns ungestört durchströmt und irgendwann macht uns diese Vorstellung womöglich sogar Angst.
Das muss aber nicht immer so bleiben! Die körperbezogene Arbeit an frühen Traumata ist deswegen so wunderbar und effektiv, weil sie geeignet ist, uns mit unserer ursprünglichen Lebenskraft behutsam in Verbindung zu bringen.
Und das heißt für mich: gesund sein – auch wenn die Form eigenartig gewachsen ist und auch so sein und bleiben darf.
Was heißt gesund sein für dich?
Noch ein paar Tage bis zum 21. Dezember, dann dreht es sich wieder, die Tage werden wieder länger und die Dunkelheit weniger.
Ich bin wirklich froh über diese Aussicht!
Und die Hoffnung, dass die Einschränkungen des sozialen Lebens bald überflüssig werden.
Denn ganz ehrlich: Mir setzt beides zusammen schon ganz schön zu!
Wie geht es dir damit?
Ich nehme die beiden schmerzlichen Erfahrungen von Mangel – nämlich Licht und sozialer Kontakt – zum Anlass, ein paar Gedanken zu unseren menschlichen Grundgegebenheiten und -bedürfnissen zu teilen.
Außerdem gebe ich dir Tools und Tipps an die Hand, wie du mit ganz einfachen Mitteln und Übungen dein Befinden trotz diesem elementaren Mangel positiv beeinflussen kannst.
Manchmal vergessen wir über all dem, was uns ständig so umtreibt, die grundlegendsten Gegebenheiten unserer Existenz. Das ist auf eine Art ganz natürlich und sinnvoll, denn wir wären völlig überfordert, uns diese Tatsachen permanent vor Augen zu halten. Aber hin und wieder tut es gut, sich ihnen zuzuwenden, um Kraft und Orientierung aus ihnen zu schöpfen.
Eine Zeit wie diese lädt dazu ein!
Was sind nun diese grundlegenden unbestreitbaren Gegebenheiten unserer Existenz?
Ich finde, diese Tatsachen sind immer wieder eine Meditation wert.
Mir passiert es gerade beim Schreiben, dass ich innehalte, tief atme und das in mich sacken lasse.
Indem ich das tue, spüre ich, wie sich vieles, was mich gerade beschäftigt, relativiert und an einen anderen, an seinen Platz rutscht. Das tut mir gut: Ich kann alles so nehmen, wie es ist.
Wie geht es dir damit?
Jetzt möchte ich dir noch ein paar sehr einfache und zugleich sehr wirkungsvolle Tools an die Hand geben, um ganz konkret mit den o.g. Tatsachen in Resonanz zu gehen. Wirkungsvoll sind sie natürlich nur dann, wenn du sie benutzt ?
Ihre hohe Wirksamkeit beruht zum großen Teil auf der o.g. Tatsache unter Punkt 1. Ebenso ihre Einfachheit. Denn du brauchst dazu nichts weiter als deinen Körper, ein Stückchen Boden, Luft und ein paar Augenblicke Zeit.
Ich habe sie von einer Schülerin von Julie Henderson gelernt – sie nennt sie „Zapchen“ – und die hat sie von tibetanischen Mönchen gelernt und in den Westen mitgebracht. Man kann sie aber auch von Kindern und Säugetieren lernen.
Das Schütteln ist eine wunderbare Übung – und sehr mächtig! Ich selbst praktiziere es jeden Morgen für ein paar Minuten, weil es mir sooo gut tut!
Wie es geht? Ganz einfach! Du wippst mit den Fersen und lässt alles Mit-Wackeln: Deine Schultern, deinen Unterkiefer, deinen Nacken, deine Eingeweide. Wenn du allein oder in vertrauter Gesellschaft bist, lass auch ruhig Töne raus, die sich nicht nach irgendwas anhören müssen.
So einfach die Übung ist – es kann sein, dass sie für dich überhaupt nicht leicht ist. Denn oft haben wir in unserem Körper die Folgen traumatischer Erfahrungen gespeichert und können manche Muskeln gar nicht loslassen. Wenn das bei dir der Fall ist, fang ganz klein an mit dem Schütteln: Erst mal nur die eine Hand, vielleicht sogar erst mal nur die Finger dann die andere Hand, einen Fuß… Lass dir Zeit – mach an einem Tag, bei einer Übung nur so viel, wie dir gut tut. Ganz wichtig: Atme dabei ganz normal und natürlich weiter. Atme auch zwischendurch und versuche, zu spüren, wie es sich anfühlt.
Beim Schütteln lockern sich die Gelenke, die Körperflüssigkeiten geraten in Bewegung, der Stoffwechsel wird angeregt und wir fühlen uns lebendig. Vieles im Körper kann neu seinen Platz finden – sich zurechtruckeln – und ich lade dich ein, selbst für dich herauszufinden, wie sich das auf dein Befinden und deine Sicht auf die Welt auswirkt!
Vielleicht machst du das ohnehin schon- zumindest morgens nach dem Aufwachen. Das ist super!
Wenn nicht, fang heute noch damit an. Strecke dich in alle Richtungen – mit Genuss, wenn es geht! Stell dir eine Katze an einem sonnengewärmten Platz vor, die gerade aufwacht und sich genüsslich streckt und gähnt. Stell dir auch ihr Gähnen so richtig konkret vor, denn es ist ansteckend schon in der Vorstellung. Und ja, man kann sich auch mit Gesundheit anstecken, denn das Gähnen ist unglaublich gesund! Es hat einen unmittelbaren Einfluss auf dein Autonomes Nervensystem. Es aktiviert das System Soziales Engagement, das ich in einem anderen Blogbeitrag erklärt habe und damit den Modus, in dem du dich gut und lebendig fühlen kannst und in deinem Toleranzfenster bist – vielleicht nur für einen Moment. Diesen Moment gilt es auszukosten. Je öfter du das praktizierst – die körperliche Übung und das anschließende Spüren, desto stärker verankerst du diesen Modus in deinem Nervensystem.
So kannst du Resilienz und Wohlbefinden langsam und Schritt für Schritt aufbauen und dich in deinem Körper wieder zuhause und sicher fühlen.
Ich hoffe, du kannst etwas daraus mitnehmen!
Schreib mir gern, wie es dir mit den Übungen geht!
Ich freue mich, wenn wir in Kontakt bleiben!
Alles Liebe
Elisabeth
Vielleicht ist diese Zeit für dich schwierig, besonders wenn du von traumatischen Erlebnissen und/oder von einer Essstörung betroffen bist.
Das „Idealbild“
Es gibt in unserer Gesellschaft einen hohen Erwartungsdruck in Verbindung mit Weihnachten
an harmonisches familiäres Zusammensein, auch wenn möglicherweise keine Grundlage dafür vorhanden ist
an ein gemeinsames festliches Essen, das bei dir womöglich einen Fluchtimpuls oder einen inneren Wutanfall oder Entsetzen auslöst…
Das Bild, das ich für diesen Beitrag ausgewählt habe, ist in diesem Sinn provokativ gemeint: Es drückt für mich die oberflächliche, geschönte Familienidylle aus, die uns als Idealbild überall suggeriert wird.
Wer an Weihnachten niemanden hat, mit dem er/sie feiern kann oder will, der/die fühlt sich doppelt einsam, verloren, ausgeschlossen…
Die wahre Sehnsucht
Gleichzeitig spürst du vielleicht eine Sehnsucht in dir
nach einem Gefühl echter Zugehörigkeit und Verbundenheit
nach emotionaler Nahrung
nach Geborgenheit und Angenommen-Sein
nach Wärme und Licht
und vielleicht kannst du diese Aufzählung für dich fortsetzen oder deine ganz eigene Aufzählung finden.
Auf dem Weg sein…
Ich lade dich ein, genau dies zu tun und noch einen Schritt weiter zu gehen:
Lass deine Sehnsucht in irgendeiner Form konkret werden.
Vielleicht magst du darüber schreiben, dich mit jemandem austauschen, ein Bild malen oder eine Collage erstellen, eine Kerze für dich anzünden, dir ein warmes Getränk machen oder dir ein heisses Bad mit duftendem Zusatz und einer schönen Musik gönnen….
Ich ermutige dich, deine Sehnsucht zu spüren und ihr mit einem kleinen konkreten Schritt zu folgen – und weiter zu spüren, wie das ist, wie es sich anfühlt.
In Kontakt gehen…
Ich freue mich, wenn du mir darüber schreibst und mich an deinen Erfahrungen teilhaben lässt!
Sei herzlich gegrüßt
Elisabeth
Hast du dir diese Frage schon einmal gestellt?
Vielleicht merkst du, dass es ganz schnell nicht mehr um Essen, Gewicht & Co geht. Dass es keine so große Rolle mehr spielt, ob es sich um Anorexie (Magersucht), Bulimie, Binge-Eating, Essanfälle, oder seelisch bedingte Adipositas handelt.
Mit dieser Frage verlässt du unweigerlich das dir vielleicht vertraute Terrain von rigider Kontrolle, heimlicher Gier, Abstürzen in Maßlosigkeit. Du nimmst eher die damit verbundenen Gefühle von Macht und Ohnmacht, Stolz und Selbstabwertung, Scham und Schuldgefühlen, Ekel und Selbstbestrafung wahr.
Du verlässt in Gebiet, in dem du dich womöglich ein wenig sicher fühlst, eine Art zuhause, das diesen Namen zwar nicht wirklich verdient, aber immer noch besser scheint, als gar keines. Einen klar umgrenzten Bereich, in dem du dich auskennst, weil die Anzeige auf der Waage dir Orientierung gibt, ebenso die Zahlen und Pläne, oder auch die strategische Vorratshaltung oder -beschaffung, das Wissen um die greifbare Möglichkeit der Beruhigung eines drohenden überwältigenden inneren Aufruhrs – durch Essen.
Wer bist du ohne deine Essstörung?
Vielleicht spürst du bei dieser Frage ein Unbehagen, eine Abwehr, einen Fluchtimpuls, eine Überforderung, Angst, Scham, Widerstand, Wut…
Warum mute ich dir diese Frage dann zu?
Weil ich sie für bedeutend genug halte, weil sie mich brennend interessiert, weil ich überzeugt bin, dass du mehr bist – viel mehr – als deine Essstörung.
Und weil ich hoffe, dass diese Frage eine Sehnsucht in dir weckt oder daran andockt, weil etwas in dir, was vielleicht tief verschüttet ist, ebenfalls weiß, dass du mehr bist – viel mehr – als deine Essstörung.
Vielleicht spürst du diese Sehnsucht gelegentlich zwischendurch, wenn dich etwas daran erinnert, dass das Leben auch ganz anders sein kann – lebendig, mit einem inneren Fluss des Erlebens, bunt, voller unterschiedlicher Herausforderungen und Möglichkeiten, Bedürfnissen, Wünschen, Sinneswahrnehmungen, Sich-Selbst-spüren, Konflikten, dem Erleben von Selbstwirksamkeit….
Wenn das so ist – und wenn es auch nur ein winziger Funke in dir ist – dann bitte ich dich, einen Moment inne zu halten. Versuche wahrzunehmen, wo du diesen Funken in deinem Körper spüren kannst. Es kann dein linker Ellenbogen, deine Herzgegend, dein unterer Rücken, deine rechte Wade sein – was auch immer. Wenn es dir möglich ist, leg eine Hand auf diese Körperstelle und lenke für einen Augenblick deine ganze Aufmerksamkeit dort hin. Nur einen winzigen, klitzekleinen Augenblick – und das immer wieder, wenn du dich daran erinnerst. Es kann sein, dass es nicht immer dieselbe Stelle ist, dann nimm das wahr und wandere entsprechend mit deiner Hand und mit deiner Aufmerksamkeit.
Lass dich überraschen, wohin dich diese kleine Übung führt – und erzähl es mir gern!
Ich werde in den kommenden Beiträgen die hier angeschnittenen Themen weiter beleuchten und auch die Frage, was Essstörungen mit Trauma zu tun haben können.
Ich freue mich, wenn du dran bleibst und wir in Verbindung bleiben!
Bis bald!
Elisabeth
So tickt dein Autonomes Nervensystem, wenn du eine oder mehrere lebensbedrohliche oder überwältigende Situationen erlebt hast. Das Wirken der „Neurozeption“.
Wie dein Autonomes Nervensystem deine organischen Körperfunktionen reguliert.
Du kannst dir dein Autonomes Nervensystem wie ein fein abgestimmtes Regulationssystem mit verschiedenen Alarmfunktionen vorstellen. Ein Kontrollraum in einer komplexen Fertigungsstation. Das Produkt, das dabei herauskommt, ist dein Leben als Organismus von einem Augenblick zum andern. Würde dieses Regulationssystem ausfallen, wäre dein Leben schnell zu Ende.
Dieses System ist pausenlos im Einsatz, egal was du gerade tust, denkst, fühlst, ob du wach bist oder schläfst. Es reguliert deine Atmung, deinen Herzschlag, deinen Stoffwechsel und all die fein abgestimmten Vorgänge in deinem Organismus, die in jedem Moment für die Überleben sorgen.
So sorgt dein Nervensystem für deine Sicherheit und dein Überleben: Neurozeption und Amygdala
Außerdem überwacht es deine unmittelbare Umgebung: es checkt ständig ab, ob die Situation für dich sicher genug ist oder nicht. Das macht es ebenso unablässig, wie es all die all die anderen Funktionen in deinem Organismus reguliert, auch wenn du gerade schläfst oder mit völlig anderen Dingen beschäftigt bist.
Dieses Abchecken der Umgebung durch dein Autonomes Nervensystem auf den grundlegenden Parameter „ausreichend sicher“ oder „nicht ausreichend sicher“ heißt „Neurozeption“.
Es ist die Art, wie dein Autonomen Nervensystems die Umgebung wahrnimmt.
Ein Bereich in deinem Gehirn, der „Amygdala“ oder auch „Mandelkern“ heißt, beurteilt anhand der Infos, die über die Neurozeption direkt bei ihm eingehen, ob deine augenblickliche Situation ausreichend sicher ist oder nicht. Dieser Bereich leitet im Fall von einer ernsthaften Bedrohung sofort entsprechende Reaktionen in deinem gesamten Organismus ein. Zum Beispiel bewirkt er durch das Sympathische Nervensystem, dass Stresshormone ausgeschüttet werden, dass Energie in deinen Armen und Beinen aktiviert wird, dass deine Verdauung herunterfährt, dein Herzschlag sich beschleunigt und vieles mehr.
So ist es z.B. möglich, dass du einem auf dich zu rasenden Fahrzeug ausweichst und dich durch einen Sprung zur Seite rettest, auch wenn du es noch gar nicht bewusst wahrgenommen hast, weil du gerade völlig vertieft in etwas anderes warst. Dein Autonomes Nervensystem hat die Signale wahrgenommen, direkt weitergeleitet und die Amygdala hat – schwupps – die Gefahr erkannt und die entsprechenden Reaktionen eingeleitet – autonom, selbstgesteuert, ohne deine willentliche Entscheidung, denn das hätte in dieser Situation viel zu lange gebraucht und dann wäre es schon zu spät gewesen.
Eine wunderbare Einrichtung also, ein Lebensretter, dein Autonomes Nervensystem und die Neurozeption! Ich möchte an dieser Stelle nochmal tief ein- und ausatmen und „Danke!“ sagen. Danke für diese großartige Schutzkraft meines Organismus!
Was bedeuten Traumafolgestörung, Coregulation, Trigger und Hypervigilanz?
Was geschieht nun in der Folgezeit, wenn du tatsächlich ein- oder mehrmals lebensbedrohliche oder überwältigende Situationen erlebt hast und unmittelbar danach dein Alarmsystem nicht beruhigt wurde z.B. durch verständnisvolle Zuwendung oder solidarische Parteilichkeit? Eine solche Beruhigung durch einen vertrauenswürdigen anderen Menschen heißt „Coregulation“. Sie ist ein ganz wichtiger Faktor in einer guten Traumatherapie!
Deine Amygdala kalibriert sich neu: Sie speichert bestimmte Reize, Infos, die sie im Zusammenhang mit dieser Bedrohung erreicht haben und verknüpft diese mit Lebensgefahr und entsprechendem Alarm, Aktivierung deines Organismus oder den Totstellreflex – alles ohne deine bewusste Wahrnehmung oder Entscheidung – die sog. „Trigger“.
So kann es dazu kommen, dass dir diese wichtige, deinem Überleben dienende Funktion in Zukunft größte Schwierigkeiten bereitet: Wie ein Alarmsystem, das beim geringsten Auslöser auf höchste Stufe schaltet – ohne dass du dies direkt beeinflussen kannst. Dann spricht man von einer „Traumafolgestörung“.
Vielleicht erinnerst du dich noch, wie vor einigen Jahren ständig Autoalarmsirenen losgingen, schon wenn man ein Auto nur versehentlich berührte. Das war so nervig, dass es wieder abgeschafft wurde. Der Sensor konnte eben nicht unterscheiden, ob es sich um einen Einbruchsversuch oder ein völlig harmloses Vorbeistreifen handelte.
Wußtest du, dass Hypervigilanz und Schreckhaftigkeit Symptome einer Traumafolgestörung sein können?
Eine langfristige Folge vieler solcher Alarme, z.B. bei einem bestimmten Geräusch, Geruch, Anblick oder einem anderen Sinneseindruck ohne eine tatsächlich vorhandene Bedrohung ist jedoch, dass dein Organismus in einer ständigen Alarmbereitschaft verbleibt. Dein Grundgefühl wird sich in das von Bedrohung verwandeln. Man nennt diesen Zustand „Hypervigilanz“.
Du wirst aus deiner Umgebung mehr Signale für Bedrohung wahrnehmen und andere Signale z.B. solche für Sicherheit übersehen oder anders interpretieren. Du wirst Schwierigkeiten haben, dich zu entspannen, zu genießen oder in den Schlaf zu finden.
Vielleicht kann dir dieses Wissen zu einem besseren und liebevolleren Verständnis deiner selbst helfen. Das würde mich sehr freuen!
Konkrete Möglichkeiten, wie du dein Alarmsystem schrittweise resetten kannst, beschreibe ich in meinem nächsten Blogbeitrag.
Kennst du das: Es passiert dir immer wieder, dass du dich in einer Weise verhältst, möglicherweise überreagierst, die du im Nachhinein nicht verstehen kannst, vielleicht sogar verurteilst – und doch geschieht es immer wieder in ähnlicher Weise, ohne dass du es verhindern kannst.
Du bekommst von anderen zurückgespiegelt, dass du irgendwie verkehrt bist und beginnst selbst, das von dir zu glauben.
Genau an diesem Punkt möchte ich heute ansetzen: daran, was du über dich selbst denkst und glaubst und was du dir selbst gegenüber empfindest.
Wie wäre es, wenn du für dich selbst ein tiefes Verständnis und Mitgefühl empfinden könntest?
Vielleicht magst du ein paar Mal tief einatmen, in den Bereich deines Herzens spüren, zur Verstärkung beide Hände dorthin legen und diesen Atem als Liebe, Vertrauen und Lebendigkeit ein-und ausströmen lassen – ein und aus.
Mit dieser kleinen, einfachen Übung kannst du den Zustand deines Autonomen Nervensystems beeinflussen. Von dem Zustand aus, den du damit hervorrufen kannst, aus möchte ich dir in meinem nächsten Blogbeitrag etwas über die Polyvagaltheorie erzählen.
Es ist eine Theorie aus der Neurowissenschaft, die einen wesentlichen Beitrag zu einem neuen, tieferen und angemessenem Verständnis von Traumafolgestörungen leistet.
Das Beste ist: Sie kann auch dir helfen, dich selbst besser zu verstehen und dir Möglichkeiten aufzeigen, wie du dein Leben trotz allem selbstwirksam und so, wie es für dich gut ist, gestalten kannst.
Wenn du diese Übung immer genau dann machst, wenn du merkst, dass du auf dem Weg bist, die Kontrolle zu verlieren, kann sie dich davor bewahren, deine Erregung auszuagieren. Sie kann dir helfen, eine Pause einzulegen, bei dir selbst zu bleiben und Wahlmöglichkeiten deiner Reaktion offen zu halten.
Du kannst dich dann wirklich entscheiden, wie du dich verhalten willst, ohne durch innere Zustände zu einem bestimmten Verhalten getrieben zu sein.
Diese Übung fördert den nach Stephen Porges so benannten autonomen Zustand „Soziales Engagement“, ein Zustand des autonomen Nervensystems, in dem wir unsere Interessen wahrnehmen und verhandeln, kooperieren, spielen , Spaß haben, uns abgrenzen und erholen können.
Mehr dazu in meinem nächsten Blogbeitrag.
Bleib dabei und werde ExpertIn/e für dein Erleben!
Ich freue mich, wenn wir in Verbindung bleiben!
Liebe Grüße und bis bald
Elisabeth
6. Was ist das „Toleranzfenster“ und was hat das mit meinem Erleben zu tun?
Vor einer Woche hatte ich ein Fortbildungsmodul zum Thema „Erregungskonturen“ – sehr spannend!
Erregungsverläufe
Wir erforschten unsere eigenen und fremden Erregungsverläufe und brachten diese zum Ausdruck – über gemalte Kurven oder den hörbar gemachten Atem mittels einer kleinen Mundharmonika. Besonders interessante Punkte in den Kurven waren für mich dort, wo es kurz vor einem Ausschlag nach oben – in eine besonders hohe Erregung – oder nach unten – in eine Zone der Untererregung ging. Dabei war die Art der Erregung erst einmal völlig nebensächlich – ob es sich um Freude oder Wut, um Entspannung oder Traurigkeit handelte.
Ich hatte über das ganze Blatt einen grünen Balken gemalt mit zwei Begrenzungen nach oben und nach unten. Dies Begrenzungen markierten für mich den Bereich, in dem die Erregungskurve einfach Lebendigkeit und Lebensfluss bedeutete, ein Auf und Ab von Erregung und Entspannung im optisch auch so von mir dargestellten „grünen Bereich“.
Das Toleranzfenster
Dieser Bereich entspricht dem sog. „Toleranzfenster“, ein Fachausdruck aus der Neurobiologie. Das Toleranzfenster kann unterschiedlich groß sein – je größer es ist, desto mehr Möglichkeiten des sicheren Erlebens und der Lebensgestaltung stehen uns offen. Traumafolgen verkleinern das Toleranzfenster oft drastisch, oder, wie im Fall von Entwicklungstraumata, kann es sich gar nicht erst entfalten.
Mein Logo stellt ein solches Toleranzfenster mit einer „idealen“ Erregungskurve in stilisierter Form dar.
Über- und Untererregung
Verließ die Kurve diesen grünen Bereich in die eine oder andere Richtung entweder in extremer Form oder für sehr lange Zeit (dargestellt durch die horizontale Achse), dann war das für mich ein Anlass, näher hinzuschauen:
Veränderungsmöglichkeiten
Was war kurz vor dem Ausschlag der Kurve oder vor dem Verlassen des grünen Bereichs?
Wie hätte der Ausschlag verhindert werden können?
Was war am Scheitelpunkt der Kurve?
Was hilft an dieser Stelle?
Was war der Anlass für ein Absinken der Kurve in den Bereich der Untererregung?
Was könnte helfen, bei einem langen Verharren in diesem Bereich, wieder in den „grünen Bereich“ zu gelangen?
Inspiration
Vielleicht hast du Lust bekommen, für dich selbst einmal so eine Erregungskurve für einen Tag, eine Woche oder auch nur für ein bestimmtes Ereignis zu malen und dir diese oder ähnliche Fragen zu stellen. Lass dich überraschen!
Erfahre mehr über dein Autonomes Nervensystem auf meiner Webseite: www.traumatherapie-speyer.de und werde ExpertIn/e für dein Erleben!
Alles Liebe
Elisabeth
Hallo, schön dass du weiter dabei bist!
1.Was sind Trigger
Im letzten Beitrag habe ich dir erklärt,
was ein Trigger ist,
wie dein Erleben zustande kommt und
welche Haltung dir selbst und deinen Reaktionen gegenüber hilfreich und angemessen ist: Liebevolles, mitfühlendes Verständnis!
2. Wie ein Trigger entsteht
Heute gebe ich dir ein paar Werkzeuge an die Hand, die du in einer aktuellen Triggersituation anwenden kannst, um dich wieder in der Gegenwart orientieren zu können.
Es ist hilfreich, wenn du den Umgang mit diesen Werkzeugen in „neutralen“ Situationen übst und dabei auch herausfindest, welche dir besonders liegen.
Ein Triggererlebnis verknüpft einen Sinnesreiz direkt mit einer heftigen Reaktion deines Autonomen Nervensystems. Man nennt das „Neurozeption“ und ich erkläre in einem späteren Blogbetrag mehr dazu!
Dein Autonomes Nervensystem ist als guter Wachhund, der dich schon in großer Gefahr erlebt und möglicherweise daraus gerettet hat, ständig auf der Hut und checkt deine Umgebung nach möglichen Gefahren. Es interessiert sich nicht für Geschichten oder Argumente der Vernunft, besonders dann nicht, wenn es Anzeichen für existenzielle Gefahr wahrnimmt.
Für dich ist zunächst wichtig, dies zu wissen. So kannst du die Reaktion deines Organismus, die sich so heftig auf dein Empfinden auswirkt, einordnen.
3. Tools für deinen Umgang mit Triggern
Im nächsten Schritt kannst du deine Umgebung mit allen Sinnen abchecken: Du fokussierst dich auf Sinneseindrücke, die dir zugänglich sind und benennst sie – wenn du allein bist, gerne laut, ansonsten nur in deinem Kopf, z.B: hier ist ein roter Ball. Ich sitze auf einem Stuhl. Die Sitzfläche ist mit Stoff überzogen und weich, die Lehne ist aus Holz und fühlt sich hart an…..
Du kannst die Kontaktflächen deines Körpers mit dem Boden, z.B. deinen Füßen, bewusst wahrnehmen, den Kontakt zu der Sitzfläche eines Stuhls oder deiner Arme auf einem Tisch, auf den du dich gerade abstützt und diese Eindrücke benennen. Wenn du allein bist, kannst du das laut machen, im anderen Fall machst du es nur im Kopf.
Eine weitere Möglichkeit ist, Körperpartien zu kneten und zu massieren, z.B. deine Arme, entweder mit einer Hand oder mit einem Igelball. Wichtig ist, dass du eine starke Köperempfindung hervorvorrufst ohne dich selbst zu verletzen!
Wenn du in einen dissoziativen Zustand, also ein innerliches Wegtreten, gerätst, kann ein starker Duft, z.B. japanisches Teebaumöl, Menthol oder ähnliches hilfreich sein. Oder eine Kühlpad aus dem Eisfach auf der Stirn oder einer anderen Körperstelle.
Auch bewusstes, tiefes Atmen kann dich unterstützen.
Es geht darum, über starke körperliche Eindrücke zur Orientierung in der Gegenwart zurückzufinden! Über diese körperbezogene Orientierung kann sich dein Autonomes Nervensystem wieder beruhigen. So kann es davon überzeugt werden, dass gegenwärtig keine existenzielle Gefahr droht.
Probiere aus, was für dich hilfreich ist – und vielleicht erfindest du deine eigenen Werkzeuge!
4. Ausblick Toleranzfenster
In meinem nächsten Beitrag erkläre ich dir, was es mit dem „Toleranzfenster“ auf sich hat und warum es für dein Erleben so wichtig ist.
Bleib dran und werde Experte für dein Leben und Erleben!
Verpasse keinen meiner Blogbeiträge und abonniere meinen Newsletter!
Ich freue mich, wenn wir in Verbindung bleiben!
Bis bald!
Elisabeth
Was sind eigentlich „Trigger“?
Und was haben sie mit meinem Autonomen Nervensystem zu tun?
„Das hat mich total getriggert“ – was will ich damit tatsächlich ausdrücken?
Irgendein Sinneseindruck oder die Äußerung von jemandem löst in mir – und das heißt auch in meinem Organismus – eine ganze Kaskade von Reaktionen aus, die mit der gegenwärtigen Situation nichts zu tun haben. Die Erinnerung an ein starkes Erleben wird geweckt und versetzt mich in einen ähnlichen Zustand, wie „damals“.
Dieser Vorgang ist es etwas Alltägliches und ganz Natürliches. Es geschieht ständig, denn unser ganzes Erleben ist ein Fluss von Verknüpfungen von schon früher Erlebtem mit gegenwärtigen Erlebnissen, ein andauernder Abgleich von früheren und gegenwärtigen Erfahrungen. Trotzdem spricht hier niemand von „Triggern“.
Einem berühmten Romancier des 20. Jhd., Marcel Proust, diente der Duft eines in Tee getauchten Gebäcks als Ausgangspunkt für ein monumentales siebenteiliges Werk der Weltliteratur: „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Dieser Duft hat so viele Erinnerungen und Empfindungen in ihm ausgelöst, dass er ihn zu vielen hundert Seiten inspiriert hat: Ein Trigger?
Nicht wirklich – denn Marcel Proust hat, so kann man zumindest vermuten, in jedem Augenblick gewusst und gespürt, dass all die Erinnerungen und Empfindungen, die ihn erfüllten, in der Vergangenheit lagen. Sie waren auch nicht in erster Linie schrecklich oder traumatisch. Er war ihnen nicht völlig ausgeliefert, er konnte sein Schreibbuch zuklappen und sich wieder in der Gegenwart orientieren.
Bei einem „Trigger“ ist es anders:
Der Sinneseindruck legt einen Zeitschalter in dir um.
Das Erleben des Vergangenen wird unmittelbar in die Gegenwart übertragen, so als würde das Vergangene HIER UND JETZT geschehen. Oft ist nicht einmal eine zusammenhängende Geschichte dazu im Gedächtnis abgespeichert, sondern nur einzelne beängstigende und bedrohliche Fetzen, wie in einem Horrorfilm – was das Ganze noch beängstigender macht, weil du es nicht einordnen kannst.
Was hat das alles mit deinem Autonomen Nervensystem zu tun?
Dein Autonomes Nervensystem reagiert wie ein Wachhund. Es wird für dein Überleben kämpfen und das auf seine Weise tun, wenn du ihm nicht ganz klar sagen kannst, was jetzt sinnvoll ist und was DU willst.
Traumatische Erfahrungen werden – zu deinem eigenen Schutz – oft nicht vollständig in deinem Gedächtnis gespeichert, sondern als unzusammenhängende Eindrücke, die dann bei ähnlichen Eindrücken dieselben Empfindungen wie in der Vergangenheit direkt abrufen und in deinem Organismus aktivieren – durch Ausschüttung von Stresshormonen und viele andere physiologische Reaktionen, die wiederum Empfindungen und Gefühle hervorrufen – ein Triggererlebnis.
Wenn du etwas sehr Bedrohliches erlebt hast, vielleicht sogar mehrfach und schon sehr früh in deinem Leben, wird es auf den Überlebensmodus trainiert sein, auf potenziell Bedrohliches empfindlich reagieren und andere Signale gar nicht mehr richtig wahrnehmen.
Wenn es dir so geht und du das alles nun verstanden hast, lass es mal in dich reinsacken.
Vielleicht kannst du dich selbst und deine Reaktionen mit etwas anderen Augen sehen, so wie ich: mit einem liebevollen, mitfühlenden Blick…
In meinem nächsten Blogbeitrag erzähle ich dir, wie du wieder Orientierung in der Gegenwart gewinnen und ohne ständige Angst vor Triggern dein Leben gestalten kannst.
Bleib dabei und werde Experte für dein Erleben!
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Ich freue mich, mit dir in Verbindung zu bleiben
Elisabeth